Nathaniel Paine
Am nächsten Tag, gehe ich meinem gewohnten Tagesablauf nach.
Ich stehe auf, als der Wecker klingelt, gehe duschen, ziehe mich an, frühstücke, lese die Zeitung, putze meine Zähne, richte meine Sachen für die Arbeit, mache mich dann ganz fertig und fahre danach ins Büro. Alles ganz gewöhnlich, nur leider bleibt es nicht so…
Ich komme in mein Büro, wo Melody, meine Sekretärin bzw. Empfangsdame – ja, immer noch dieselbe Melody, wie auf der Highschool –, mir einen schönen guten Morgen wünscht und ich ihr natürlich antworte.
Dann gehe ich in mein Büro und sehe mir an, wer heute alles so neues kommt. Darunter steht nur ein Neuer. Er kommt als letztes. Ich habe zwei Empfangsdamen.
Es sind keine wirklichen Sekretärinnen, nur die Stelle nennt sich so. Die, die Melody immer gegen Abend ablöst, hat diesen letzten Patienten eingetragen…
Irgendwas stimmt bei dem Namen nicht, aber ich weiß einfach nicht was…
„Damon…irgendwie habe ich ein schlechtes Gefühl dabei.“, flüstere ich, aber eher zu mir selbst, als zu irgendwem sonst, da ich ja allein bin.
Es ist ja nichts neues, das sich neue Patienten, oft nicht mit vollem Namen anmelden, falls sie es sich doch noch anders überlegen…aber dieser Name, ist das was ich für seltsam halte. Naja, jedenfalls kann ich nicht die ganze Zeit darüber nachdenken…ich muss arbeiten.
Während ich das noch denke, betritt auch schon der erste Patient des Tages, meine Praxis.
„Guten Morgen, Mr. Bennett.“, sage ich um ihn zu begrüßen.
Er ist heute die zweite Stunde hier, aber so schlimm ist es bei ihm nicht – er ist ‚nur‘ depressiv.
Das ist schlimm, aber gut behandelbar – zumindest bei manchen Leuten. Sowas kommt dann doch immer auf die Person an, die behandelt wird.
„Guten Morgen, Dr. Paine…“, antwortet er.
„Wie war denn Ihr Tag…“, beginne ich. Das könnte heute noch ein langer Tag werden.
Und es wurde wirklich einer.
Heute kamen ein paar schwierigere Fälle…
Ich bin noch nicht mal fertig und bin nervlich bereits total am Ende.
Vielleicht liegt es daran, dass ich ein so schlechtes Gefühl, bei dem letzten Patienten heute habe?
Ich habe…Angst, vor dem Treffen… Ist es wirklich Angst? Ich weiß es nicht…
Melody ist schon weg und ihre Ablösung sitzt momentan am Empfang.
Sie heißt Emily…und sie sieht mich immer so komisch an.
Nicht böse, oder so…nur eben komisch.
Auf einmal klickt es im Telefon, das muss sie sein. Ich nehme an. „Ja?“
„Dr.? Der letzte Patient ist jetzt hier. Er wartet im Vorraum.“, sagt sie.
„Alles klar, dann…schicken Sie ihn rein.“, antworte ich.
„Okay.“, kommt es nun wieder von ihr und ein erneutes klicken, diesmal in der Leitung, teilt mir mit, dass sie aufgelegt hat.
Tja, jetzt kommt er wohl.
Nach einem kurzen Moment, in dem ich mich, wie immer, auf den Patienten ‚vorbereite‘, alles zurechtlege und mich an meinen Schreibtisch setze, geht auch schon die Tür auf und Emily steckt ihren Kopf durch den Spalt.
„Schicken Sie ihn rein, Emily.", wiederhole ich meine Worte von vorher, woraufhin sie zur Seite geht um dem Patienten Platz zu machen, der aber irgendwie noch nicht kommt. "Sie können jetzt Feierabend machen.“, hänge ich an und mache eine verabschiedende Bewegung mit der Hand.
Jetzt ist ihre Zeit, zu gehen, was mich irgendwie nur noch nervöser stimmt. Jetzt bin ich allein hier...zusammen mit dem Patienten.
„Okay, bis morgen, Dr. Paine.“, stimmt sie nur knapp zu und nickt dann dem Patienten zu, der wohl hinter ihr, im Gang, steht.
„Ja, bis morgen.“, sage ich noch und höre eine Tür, die sich öffnet und wieder schließt.
Dann höre ich Schritte. Er kommt als doch noch.
„Hallo, Damon. Ich dachte schon, Sie wollen vielleicht doch nicht herein kommen. Keine Sorge, ich beiße nicht.“, sage ich – mit meiner Brille auf der Nase und in meinem Terminplaner lesend, kann ich eigentlich nicht sehen, ob er bereits im Raum ist.
„Warum sollte ich mir das entgehen lassen, Dr. Paine?“, sagt der Mann, der gerade meine Praxis betreten hat. Ich sehe auf, weil es mich irgendwie nervt, wie er meinen Namen gerade ausgesprochen hat. Ich möchte erst mal sehen, mit wem ich es zu tun habe.
„Was meinen Sie denn damit, Damon?“, sage ich, noch im Aufblicken und als ich ihn dann sehe, bekomme ich einen Schock – auch wenn ich nicht weiß, warum genau.
Irgendetwas an diesem Mann, kommt mir unglaublich bekannt vor…und doch, kann ich nicht sagen, was es ist.
Er ist groß – größer als ich – und hat schwarze, kurzer haare, die eigentlich normal geschnitten, aber dennoch über dem Mittelscheitel, zu einer Spitzen, kurzen Wand, aufgestellt wurden.
Ansonsten trägt er eine schwarze Lederjacke, eine schwarze Jeans, mit einem Haufen Bänder daran, in denen er aussieht, wie eine Mischung aus Punk und Biker und normale, schwarze, abgetragene Chucks.
Irgendwie jemand, der normalerweise nie, die Praxis eines Psychiaters aus eigenem Willen betreten würde – aber genau die Art von Person, die sich den Namen ‚Damon‘, geben würde.
Ich weiß nicht, aber ich glaube, das ist nicht sein echter Name. Auch wenn ich wieder nicht weiß, wo dieses Gefühl herkommt.
Jedenfalls, ist das genau die Art Mann, von der die Eltern ihre Töchter fern halten wollen, es aber nicht schaffen und genau die Art Mensch, der man am besten aus dem Weg geht, wenn man nicht vom gleichen Schlag ist.
Dann sehe ich ihm das erste Mal richtig in die Augen und dann erkenne ich, sein schiefes Grinsen wieder.
Ich weiß nicht genau wieso, aber diese Onyx-farbenen Augen, würde ich überall wieder erkennen.
Was zum Teufel, will der denn jetzt hier?
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