Nathaniel Paine
Es ist kalt.
Einsam.
Ich hasse es.
Ich sehe mich um und alles ist dunkel. Niemand ist zu sehen.
Ich sehe nur Umrisse. Umrisse, die mich einen Ort erkennen lassen, den ich mehr als alles auf der Welt hasse.
Denn er macht mir Angst. Mehr Angst, all alles andere.
Es ist der Keller.
Der Keller, in dem Haus, in dem ich aufgewachsen bin.
Dem Haus, das eigentlich schöne Kindheitserinnerungen bergen sollte.
Dem Haus, in dem ich mich nie zuhause gefühlt habe.
Ich habe es gehasst.
Und nun…nach so vielen Jahren…sitze ich wieder in diesem Keller.
Wie bin hier her gekommen? Oder kam ich vielleicht nie heraus?
Ich bin allein.
Ich hasse es, allein zu sein.
Egal wie laut ich schreie – niemand würde mich hören.
Egal wie laut ich weine – niemand würde kommen.
Egal wie sehr ich leide – niemand hört mir zu.
So war es immer. Warum bin ich dann wieder hier? Wo ich doch nie wieder zurück wollte.
Nie…
Plötzlich öffnet sich die Kellertür.
Licht fällt durch die Öffnung und ich sehe erst einmal nichts – nur einen schwarzen Umriss – und kneife die Augen zusammen, die von der plötzlichen Helligkeit, schmerzen.
Dann erkenne ich die Gestalt. Es ist mein Vater…glaube ich.
Würde er mich schlagen? Weil ich nutzlos war?
Würde er mich beschimpfen?
Oder würde er mir nur wieder vor Augen führen, dass ich schwach bin und hier nicht herauskommen würde, eher er es mir gestattet?
Egal.
Es macht keinen Unterschied. Schmerz ist Schmerz und Narben bleiben ohnehin.
Aber dennoch…irgendetwas, stimmt hier nicht.
Der Mann an der Treppe, kommt zu mir herunter.
Aus Instinkt, schlinge ich meine Arme, schützend um meinen Körper.
Ich fange an zu zittern. Da ist sie wieder – die Angst. Ich habe Angst.
Ich hatte sie schon immer und sie wird nie verschwinden.
Erbärmlich. Jämmerlich. Lächerlich.
Mein Vater hatte wohl doch Recht.
Je näher er mir kommt, desto größer, wird meine Angst.
An irgendeinem Punkt, fange ich an zu schreien.
Ich schreie, aber niemand kommt.
Ich weine, aber keiner hilft mir.
Die Szenerie ändert sich nicht.
Es wird immer so sein.
Plötzlich, spüre ich eine wohlige Wärme, die durch meine kalte Haut dringt.
Kalt? Und doch ist es warm.
Aber eben, war es noch kalt. Im Keller.
Richtig…eben, war ich doch noch im Keller.
Doch plötzlich, verschwimmt das Bild von meinem Vater, direkt vor meinen Augen.
Der Keller verschwindet.
Die Welt um mich herum wird auf einmal schöner.
Ich fühle mich sehr viel sorgenfreier.
Ich fühle mich geborgen.
In dieser fremden Wärme, die mir so bekannt vorkommt.
Licht dringt an meine Augen und erst jetzt, wird mir klar, wo sich die Quelle, der mysteriösen Wärme befindet.
In dem Moment, in dem ich eine bekannte Stimme vernehme…
Castiel Voltaire
Etwa zwei Stunden, nach dem ich Nate’s Raum – mein Schlafzimmer – verlassen hatte, war ich eigentlich davon ausgegangen, dass er, da ich nicht immer Zimmer war, seelenruhig schlafen könnte. Aber dem war nicht so.
Ich sehe gerade fern, weil ich selbst nicht schlafen kann – nicht, wenn die Person, die ich am meisten auf der Welt will, direkt in meinem Schlafzimmer, nebenan, im meinem Bett liegt.
Das funktioniert nicht.
Ich sehe also irgendeine dumme Show im Spätprogramm und schlage so die Zeit tot – da mir nicht viel anderes übrig bleibt, wenn ich nicht viel Lärm veranstalten will.
Und abhauen, kann ich schließlich auch nicht einfach!
Gerade, als irgendeine komische Ische, mit einem viel zu kurzen Rock, ins Bild läuft, um irgendetwas zu präsentieren – was aber ohnehin keinen interessiert, weil sie ohnehin alle nur auf die Frau konzentrieren, wenn überhaupt auf irgendwas – und ich beinahe doch am Eindösen bin, zerreißt ein gellender Schrei die Stille.
Ich fahre herum, um die Quelle des Geräusches zu identifizieren und erkenne, dass es aus dem Schlafzimmer kommt.
Und eindeutig von Nathaniel!
Sofort springe ich auf und laufe schnellen Schrittes in Richtung Schlafzimmer.
Dort angekommen, reiße ich die Tür auf und stürme in den Raum.
„Nate! Was ist los? Ist irgendwas passiert?“, rufe ich sofort panisch aus und merke, dass ich keine Antwort bekomme, aber noch immer Schreie zu hören sind, wenn auch nicht mehr so laut, wie der Erste.
Allerdings sind sie nicht weniger herzzerreißend, als der Erste.
Ich suche kurz den Raum ab, finde ihn aber auf Anhieb, da er offenbar immer noch im Bett liegt.
Er scheint nur schlecht zu träumen.
Mir fällt ein Stein vom Herzen – aber andererseits; Was hatte ich erwartet?
Wir sind hier in einem Apartment, 25 Stockwerke über dem Boden.
Mit Sicherheitssystem und Wachpersonal am Eingang.
Und ich war im Wohnzimmer, welches sich zwischen dem Eingang und dem Schlafzimmer befindet.
Es hätte also keiner eindringen können. Was hätte also schlimmsten Falls passieren können?
Ich werde paranoid…oder zumindest etwas ähnliches, glaube ich.
Nichts desto trotz, setze ich mich sogleich in Bewegung, in Richtung des Bettes und lasse mich auf der Kante, direkt neben Nate, nieder.
Er hat Tränen in den Augenwinkeln und wälzt sich immer mal wieder, in einer hastigen Bewegung, von einer, zur anderen Seite.
Sanft, lege ich eine Hand an seine Wange und die andere, an seine Schulter, um ihn leicht zu rütteln.
„Nate? Nathaniel? Wach auf!“, spreche ich ihn an, bekomme aber leider keine Antwort.
Ganz so einfach, ist es dann wohl doch nicht.
Ich rüttle noch ein wenig fester an seiner Schulter, aber die einzige Reaktion, die er daraufhin zeigt, ist, dass er noch unruhiger wird.
Als er plötzlich beinahe um sich schlägt, weiß ich keine andere Möglichkeit mehr, als mich halb auf ihn zu legen und meine Arme um ihn zu schlingen, damit er still halten muss.
Und es funktioniert.
Ich flüstere ihm ein leises „Shh, alles wird gut…“, direkt ins Ohr, dass sich nun neben meinem Gesicht befindet, da mein Kopf momentan beinahe in seiner Halsbeuge liegt.
Wäre ich Krisen nicht bereits gewohnt, dann würde ich jetzt ernsthaft nervös werden.
Auf sowas bin ich nun wirklich nicht trainiert.
Aber er wird wirklich ruhiger und ich spüre, wie sich zusammen mit seinem Herzschlag – den ich aus meiner kurrenten Position aus, natürlich auch spüren kann –, wieder beruhigt. Dabei habe ich nicht einmal wirklich gemerkt, dass mein Herz am Rasen war.
Bis eben.
Ich hebe leicht meinen Kopf, um mit seinem Gesicht auf einer Höhe zu sein und warte, bis er aufwacht – was nur ein paar Sekunden später, bereits der Fall ist.
Erst rümpft er leicht die Nase, dann hebt er flatternd die Augenlieder und sieht mich schließlich direkt an.
Mit den immer noch verschlafenen Augen, mustert er mich und unsere Situation.
„Was ist los…?“, fragt er und klingt mehr als durcheinander.
„Das musst du nicht wissen…“
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