Ein nerviges Getöse, reißt mich aus meinem eigentlich so
ruhigen Schlaf.
Wieso immer ich?
Ich öffne die Augen und sehe mich um – es wird schon
langsam hell draußen. Wenn man bedenkt, dass wir fast Winter haben, heißt das
wohl, dass der Morgen bereits angebrochen ist.
Toll. Ich kann jetzt entweder aufstehen, oder rumliegen,
bis der Wecker klingelt – was er ohne Zweifel bald tun wird – und dass, obwohl
ich jetzt schon weiß, dass ich dann nicht mehr einschlafen kann.
Ich kann aber auch aufstehen, meine Morgenroutine ein
bisschen vorziehen und dafür länger mit Demon rausgehen – aber darauf habe ich
jetzt auch echt keinen Bock, auch wenn es ein bisschen vielversprechender ist,
als die erste Variante.
Egal was ich jetzt tue – der Tag ist gelaufen.
Und dabei hat er noch nicht einmal angefangen.
Träge richte ich mich auf und mein Blick fällt auf den
Wecker, neben meinem Bett. 5:28 Uhr.
Viel zu früh.
Ich schwinge die Beine über die Bettkannte und achte
darauf, mich nicht in meiner Decke zu verheddern.
Ich bin echt müde.
Dann höre ich plötzlich wieder dieses seltsame Getöse.
Sofort gehe ich zum Fenster, um es zu öffnen und sehe heraus.
Jetzt ist mir klar, wo das Geräusch herkam. Ich lehne mich ein wenig aus dem Fenster, als das Geräusch endlich für einen Moment verstummt. „Hey, du Arschloch – es ist halb sechs, an einem verdammten Montagmorgen! Der Tag ist so schon scheiße genug, also hör auf in aller Herrgotts Frühe, dein vergammeltes Laub weg zu blasen, sonst komm ich runter und blas dir mal was!“, brülle ich meinen grenzdebilen Nachbar von oben herab an.
Jetzt ist mir klar, wo das Geräusch herkam. Ich lehne mich ein wenig aus dem Fenster, als das Geräusch endlich für einen Moment verstummt. „Hey, du Arschloch – es ist halb sechs, an einem verdammten Montagmorgen! Der Tag ist so schon scheiße genug, also hör auf in aller Herrgotts Frühe, dein vergammeltes Laub weg zu blasen, sonst komm ich runter und blas dir mal was!“, brülle ich meinen grenzdebilen Nachbar von oben herab an.
Er scheint ein wenig verschreckt zu sein und verschwindet
in sein – also hab ich es wohl richtig gemacht.
Zufrieden mit mir selbst, schließe ich wieder das
Fenster, da es dann doch ein wenig frisch draußen ist und drehe mich um. Dann
werde ich mich wohl mal fertig machen.
Aber leichter gesagt, als getan.
„Das kann doch wohl nich‘ wahr sein…“, grummele ich zu
mir selbst, als ich durch die Unordnung in meinem Zimmer wate, auf der Suche
nach ein paar Anziehsachen.
Alles was hier herum liegt, scheint hier bereits seit
einer Woche vor sich hin zu schimmeln – zumindest riecht es so.
Ich muss doch irgendwo noch ein paar frische Klamotten
liegen haben.
„Ich sollte mir eine Putzfrau zulegen…“ In dem Moment,
fällt mir plötzlich ein T-Shirt in die Hände.
Einmal kurz daran gerochen, kann ich zumindest sagen,
dass es passabel ist – es ist ja nicht so, als würde irgendwer so nahe an mich
heran kommen.
Außer vielleicht Lysander, aber den interessiert so etwas
nicht wirklich – er ist eh meist in Gedanken.
Und ein paar Minuten später, verschwinde ich auch schon
unter der Dusche.
Wenigstens ist das Wasser nicht wieder kalt…
Nachdem ich geduscht und angezogen war, habe ich mir
Demon geschnappt und bin mit ihm raus gegangen. Gefüttert wird er dann später –
also können wir auch nicht zu lange weg bleiben.
Im städtischen Park angekommen, lasse ich ihn erst einmal
von der Leine.
„Tob dich ein bisschen aus…“, meine ich zu meinem Hund –
manchmal habe ich wirklich das Gefühl, er versteht mich.
Er springt schon fast davon, während ich ihm nur
nach sehe. Aber das ist in Ordnung. Er hat noch nie Probleme gemacht und er
kommt immer zurück – sei es auch nur, damit ich ihn mit nachhause nehme und ihn
füttere.
Ich selbst, laufe erst einmal ein bisschen im Park umher.
Schlendere den Weg entlang, bis zu dem ruhigen See, im Herzen des Grünlands.
Irgendwie ist es hier ruhig – hier kommt um diese Zeit
eigentlich keiner her, also wird man zumindest nicht genervt.
Ich sitze hier normalerweise immer auf der Bank und warte
darauf, dass Demon zurückkommt.
Doch heute, bin ich scheinbar nicht allein hier.
Das sitzt bereits jemand auf der Bank, die ich sonst
immer beanspruche und starrt auf das Wasser, als würde es ihm gerade den Sinn
des Lebens erklären.
Dabei schwimmen gerade nicht einmal Enten auf dem See.
Und ich weiß, wer dieser Junge ist. Ich habe ihn schon
von weitem erkannt. Ich trete an ihn heran, hinter der Bank, da er mich
scheinbar überhaupt nicht wahrnimmt und beuge mich ein wenige über die Lehne,
direkt neben seinem Kopf.
„Hey, Streber – was gibt’s zu sehen? An so einem kalten
Morgen…“, spreche ich ihn von der Seite an.
Er zuckt zusammen und wirkt, als würde er gleich einen
epileptischen Anfall bekommen, oder ohnmächtig werden – beides würde ich zu
gerne einmal sehen.
Eigentlich ist der Typ ja ganz süß.
Auch wenn mir seine Marotten anfangs ziemlich auf den
Kranz gegangen sind.
Aber ich weiß, dass das meiste durch den Einfluss und den
Zwang seines Vaters kommt. Es ist jedenfalls trotzdem witzig, sich über ihn
lustig zu machen – da er immer wieder darauf reagiert.
Ich mag es, wenn ich seine Aufmerksamkeit bekomme, auch
wenn ich es nur ungern zugebe.
Einen Moment später, scheint er sich wieder beruhigt zu
haben und setzt sich wieder auf den Platz – kehrt mir den Rücken zu.
Ich sehe die Gänsehaut in seinem Nacken und dass er
leicht zittert – es ist wirklich ein Kalter Morgen und er trägt lediglich sein
Hemd und die Hose. Mal abgesehen von der Krawatte.
Jeder normale Mensch, würde doch eine Jacke anziehen,
oder nicht?
„Sag mal, willst du keine Jacke anziehen, oder versuchst
du gerade, dich irgendwie abzuhärten?“
„Das geht dich nichts an.“, ist seine schlichte Antwort.
Meine Hände haben bisher in meinen Taschen gesteckt, seid
ich Demon habe laufen lassen, also nehme ich nun eine davon heraus und lege sie
in seinen Nacken.
Klar, meine Hand ist warm und daher käme mir
logischerweise alles etwas kühler vor, wenn ich es anfasse, aber seine Haut ist
dermaßen kalt, dass es mich wundert, dass ich noch keine Eiskristalle sehe.
Aber er zuckt nur wieder zusammen und schlägt meine Hand
weg. „Was soll das? Bist du hier, um mich zu nerven?“, meckert er mich schwach
an.
Jetzt wo ich ihn von vorn sehen kann, fallen mir auch
seine Augenringe auf. Und er ist blass.
„Nein, ich bin hier um meinen Hund auszuführen. Aber du
wohl eher nicht – du siehst gar nicht gut aus. Und ich meine nicht so wie sonst
– sondern so richtig schlecht. Also, so richtig
schlecht. Eben schlimmer als normal.“, ziehe ich ihn ein bisschen auf.
Aber obwohl ich mir immer einrede, ihn zu hassen, keimt
doch eine ganze Menge Sorge in mir auf, die ich nicht unterdrücken kann.
Wieder sieht er mich nur einmal kurz an und sagt dann „Es
geht dich nichts an“, als wäre er unbeteiligt. Irgendwie so, als würde ihn das
alles nichts angehen. Dabei sieht er aus, als würde er entweder gleich
erfrieren, oder einfach umkippen und ins Koma fallen.
„Sag mal, was ist los mit dir, Blondi?“
„Nichts…gar nichts…“, sagt er.
Glaub ich aufs Wort.
Ich gehe einen Schritt auf ihn zu um packe ihn am Arm.
Ohne viel darüber nachzudenken, ziehe ich ihn einfach in
eine Umarmung – ich kann mir selbst nicht erklären, wieso. Es war einfach ein
Impuls und jetzt habe ich ihn in meinen Armen.
Er ist kalt. Und schwach – zumindest wenn man davon
ausgeht, dass das eben ein Versuch war, sich von mir weg zu stoßen und nicht
nur eine flüchtige Bewegung mit den Armen in meine Richtung.
„Dir geht’s überhaupt nicht gut.“, meine ich, während ich
an seinen Oberarmen und über seinen Rücken reibe, um ihn ein bisschen
aufzuwärmen.
Er scheint sich zu entspannen und gibt sogar seinen
Widerstand auf. Sein Kopf liegt auf meiner Schulter und ich glaube, er ist
gerade eingeschlafen.
Seltsamerweise, macht es mir nichts aus – ich finde es
sogar irgendwie cool. Angenehm.
Ich lasse kurz los, um meine Jacke auszuziehen, damit ich
sie ihm um die Schultern legen kann, aber in dem Moment, löst er sich dann doch
von mir.
Er ist eben immer noch Nathaniel.
„Ich muss nachhause…mich umziehen…“, murmelt er und dreht
sich um.
„Hey! Glaubst du nicht, du solltest mir mal ein bisschen
was erklären?“, frage ich genervt.
„Nein. Ich habe dich nicht gefragt, ob du mir hilfst und
ich weiß ehrlich gesagt auch nicht, was das eben sollte, also werde ich es
besser ignorieren…du würdest es ohnehin nicht verstehen, wenn ich dir
irgendetwas erklären würde. Es ist nicht deine Welt…“, meint er und klingt
einfach nur unglaublich müde.
Er tut mir leid, obwohl ich gerade irgendwie sauer auf
ihn bin.
Ich weiß nicht, warum ich so denke…oder doch? Naja, ich
weiß es schon, aber ich will es eigentlich nur nicht wissen.
Es ist einfach zu kompliziert. Aber sollte ich einfach so
aufgeben?
Nein. Ich will eigentlich gar nicht aufgeben.
Aber er will einfach gehen. „Und warum denkst du das?“,
rufe ich ihm nach.
„Du kennst mich nicht wirklich. Und was interessiert es
dich überhaupt? Du interessierst dich doch sonst für niemanden – und am
wenigsten für mich. Belass es einfach dabei.“
Ja, warum interessiere ich mich für ihn? Ich wusste es
schon die ganze Zeit.
Aber…sollte ich es ihn auch wissen lassen?
Wenn ja, wann? Jetzt?
„Und was, wenn ich dich nicht in Ruhe lassen will?“,
meine ich, aber in einem nicht ganz so lauten Tonfall.
Er sieht mich noch einmal fragend an; scheint den Sinn
nicht verstanden zu haben.
Nein, noch nicht jetzt.
Er sucht offenbar nach einer versteckten Bedeutung,
schüttelt dann aber nur genervt und müde den Kopf, ehe er sich endgültig
abwendet und zwischen den Bäumen des Parks verschwindet.
Irgendwann…
Irgendwann, wirst
du es verstehen.
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