Castiel Voltaire
„Die vierte Kiste…“, murmle ich in meinen nicht vorhandenen Bart, während ich Kiste Nummer vier auf die Ladefläche meines Jeeps verfrachte und sie dort fixiere. „Fehlen nur noch zwei… Hey, Nate, bist du fertig?“
Angesprochener kommt gerade vom Gebäude auf mich zu, ebenfalls mit einer Kiste auf den Armen. „Ja, alles erledigt. Die letzte Kiste steht oben im Gang und der Schlüssel ist wieder beim Vermieter. Die letzte Miete ist beglichen und mein Auto ist schon längst an seinem neuen Platz im Parkhaus.“, antwortet er, während ich ihm die Kiste aus den Händen nehme, um sie ebenfalls zu verstauen.
Ich lehne mich zu ihm herüber und gebe ihm einen liebevollen Kuss auf die Stirn, während ich einen Arm um seine Taille lege. „Ich bin froh, dass du endlich zu mir kommst, Schatz…“
Ja, er kommt endlich zu mir. Nach einer kleinen Diskussion, habe ich gewonnen, daher ziehen wir zusammen in meine Wohnung.
Alles in Allem ist die Wohnung ein wenig geräumiger, von der Perspektive her schöner und vor allem ist sie eines: Sicher.
Ich will, dass mein Baby sicher ist, wenn ich nicht zu Hause bin – ist das denn verwerflich?
Wenn ich schon in einem Gebäude mit einem der besten Sicherheitssystemen lebe, warum sollte ich ihn dann in seiner ungeschützten Wohnung wohnen lassen? An sich sind unsere Wohnungen sich ähnlich – zumindest vom Komfort und der Größe her gesehen.
Aber seine hat eben keine besonderen Sicherheiten.
Ich will nicht, dass er ungeschützt ist, wenn ich weg bin.
Das kann hin und wieder mal für länger sein und nach der Sache in der Gasse vor ein paar Wochen…naja, sagen wir einfach, ich will nicht dass ein Mörder einfach so an die Tür klopfen kann – denn er würde ihn wahrscheinlich rein lassen.
Streich ‚wahrscheinlich‘…Hundert pro.
Aber egal, jedenfalls meinte er, er habe nicht besonders viele positive Erinnerungen an seine eigene Wohnung, also macht es ihm nichts aus. Es ist eben ein Neuanfang.
Das einzig seltsame ist, dass er die Möbel in meiner Wohnung immer so seltsam begutachtet…als er wäre er eifersüchtig auf sie.
Aber das wäre unlogisch.
Völlig irrational.
Was für einen Grund sollte das denn bitte haben?
Wahrscheinlich ist es nur meine Einbildung.
Ich lasse von meinem Liebsten ab und laufe schnell noch einmal in das Gebäude, um die letzte Kiste zu holen.
Er hat wirklich nicht viel. Nur ein paar Klamotten.
Ein Paar Bücher.
Und ein paar Sachen im Bad – die sich an zwei Händen abzählen lassen.
Ich meine, ich habe auch nicht die Welt an Kram, aber viel mehr als er und es sieht auch wohnlicher aus – und das bei einem Kerl, der die meiste Zeit nicht zu Hause ist, weil er arbeiten muss.
Ich meine, er muss wohl kaum Aufträge erfüllen und dabei dann aus der Stadt, oder?
Das heißt für mich, er ist die ganze Zeit in seinem Büro. Wahrscheinlich allein, da ich immer nur EJs Berichte bekommen habe, über die Zeit in der sie auch selbst im Büro war – wäre sonst auch eher seltsam gewesen.
Sie kann in einer solchen Praxis wohl kaum Kameras aufstellen und ihn Beschatten geht auch nicht klar.
Nein, alles was sie tun sollte, war ihn auf normaler Basis beobachten und Berichten, wie es ihm geht und was er so treibt.
EJ ist nun mal meine beste Freundin, abgesehen von Lysander, den ich natürlich schon ein bisschen länger und näher kenne. Und apropos Lysander…der kommt ja auch demnächst zu Besuch.
Das sollte ich Nate vielleicht noch sagen…
Als ich wieder zurück bin und die Kiste auf der Ladefläche meines Pick-Ups.
Nathi sitzt bereits auf dem Beifahrersitz und wartet, während ich um den Wagen herumgehe um einzusteigen.
„Hey, alles klar?“, frage ich und streiche ihm mit dem Handrücken über die Wange.
Er zuckt zusammen, als hätte ich neben ihm eine Bombe explodieren lassen. Als er mich ansieht, beginnt er jedoch zu lächeln. „Warum so abwesend?“, will ich lächelnd wissen.
„Nichts. Tut mir leid, ich habe nur…nachgedacht.“, antwortet er schnell, was mich dann doch stutzig macht.
„Du kannst es mir ruhig sagen, wenn etwas nicht in Ordnung ist.“
„Also, nein, es ist schon alles gut, nur…ich weiß auch nicht. Es ist einfach alles so – neu? Ja, ich denke, das ist das richtige Wort. Ich hatte einfach nie wirklich jemanden, der sich groß um mich gekümmert hat, außer vielleicht Melody. Aber bei ihr habe ich nie wirklich gespürt, dass sie mich tatsächlich lieben würde, sie hat mich immer nur irgendwie…angehimmelt. Ich weiß auch nicht...“, kommt die Erklärung nur sehr zögerlich über seine Lippen.
„Hey, hey! Keine falsche Scheu – sag mir sowas beim nächsten Mal sofort. Es ist doch nicht schlimm und wenn du deinen hübschen Mund nicht aufmachst, dann kann ich dir nicht helfen, also rede mit mir. Und ich glaube übrigens, es gab immer Leute, die dich geliebt haben, du wolltest es vielleicht nur nicht wahr haben – und im Falle aller Fälle gab es immer mich.“, stelle ich fest. „Denn ich liebe dich immerhin schon sehr lange.“ Ein Satz, der ihn scheinbar zum Lachen bringt.
Naja, immerhin ist er jetzt nicht mehr so bedrückt.
Dann starte ich auch endlich den Wagen und fahre los.
Auf in einen neuen Anfang…
Angefangen bei einem neuen Zuhause.
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