Nathaniel Paine
Wieso bin ich hier her gekommen?
Wieso…?
Mir ist zum Heulen zumute und im selben Moment, in dem ich das noch denke, bahnt sich auch schon die erste Träne, ihren Weg über mein Gesicht.
„Na na, du musst doch nicht weinen…wir werden auch ganz lieb zu dir sein.“, säuselt er mir ans Ohr und sofort schlägt mir der Gestank seiner Alkoholfahne ins Gesicht.
Er stinkt, aber nicht so schlimm, wie der Typ hinter mir, der meine Hände fest hält.
Ich hasse es…wieso bin ich nur so schwach?
Wieso kann ich mich nicht wehren?
Hilfe…
Auf einmal beugt sich der ekelhafte Säufer vor und drückt mir seine trockenen, aufgeplatzten Lippen, auf den Mund. Immer wieder, versucht er mit seiner Zunge, meinen Mund zu infiltrieren, aber ich beiße die Zähne zusammen und presse die Lippen aufeinander.
Jetzt nimmt der hinter mir auch noch eine Hand von meinen Armen – da er mich wohl auch mit nur einer Hand, halten kann – und streichelt über meine Hüfte, wobei er mit der Hand unter mein Hemd gleitet und so nah wie er hinter mir steht, merke ich, das er bereits hart ist.
Das ist ja so widerlich…ganz anders als der Kuss von Castiel…
Castiel…ich hab Angst…
Plötzlich ertönt ein lauter schlag hinter uns.
Ich weiß nicht, was ein solch lautes Geräusch verursacht, aber vielleicht liegt das auch einfach daran, dass mein Hirn gerade komplett vernebelt ist, so dass ich kein bisschen klar denken kann.
Ich bemerke nur, wie eine Stimme, die mir sehr bekannt vorkommt, irgendetwas schreit und der stinkende hinter mir, wird von mir weggerissen, genauso, wie der ekelhafte andere, direkt vor mir.
Endlich bin ich wieder frei und das erste, was ich in meinem verwirrten und vernebelten Zustand tue, ist zu zittern und mir mit dem Ärmel über den Mund zu schrubben, während ich wieder weine.
Wie kann man nur so erbärmlich sein…
Wie aus dem Nichts, baut sich eine weitere, große Gestalt, vor mir auf und ich zucke unwillkürlich zusammen. Bitte nicht schon wieder…
„Nate? Bist du in Ordnung? Haben sie dich verletzt?“, vernehme ich seine besorgte Stimme.
Es ist derselbe, der vorhin gerufen hat, auch wenn ich nicht mehr weiß, was es war. Mittlerweile bin ich immerhin so weit klar im Kopf, das ich die Stimme wiedererkenne.
„Cas...tiel…?“, kommt es von mir, mehr wie ein Flüstern.
„Ja, ich bin da, Baby…“, sagt er sanft und streichelt über meine Wange, um meine Tränen weg zu wischen.
Sobald er beide Arme gehoben hat, um an mein Gesicht zu kommen, springe ich in seine Arme und klammere mich an seine Wärme – wobei ‚springen‘, doch eher übertrieben ist…es war mehr ein Sprung in Zeitlupe.
Sein Geruch ist mir bereits so vertraut…und ich liebe ihn.
Er riecht ganz anders, als diese anderen beiden. Er riecht gut…sogar sehr gut.
Er wirkt wegen meiner plötzlichen Attacke ein wenig überrascht, fängt sich aber sofort wieder und beginnt, mir vorsichtig und beruhigend über den Rücken zu streicheln.
Dann gibt er mir noch einen Kuss auf den Scheitel, bevor er mich ein Stück zurück drückt, damit ich ihn ansehen kann.
„Was wolltest du überhaupt in dieser gottverlassenen Gegend?!“, fragt er jetzt, wobei er ein wenig sauer wirkt.
„Ich…wollte erst in eine Bar, die es hier angeblich geben sollte…ein paar Jugendlich haben mir davon erzählt, aber dann habe ich mich um-entschieden und bin irgendwie hier gelandet…“
„Weißt du eigentlich, wo du hier bist?“, fragt er erneut und klingt wieder so…keine Ahnung…ich kann es nicht ganz zuordnen.
Aber es hat eigentlich noch nie einer so mit mir geredet.
„Das einzige, das in diesen dunklen, verworrenen hinter-Welt Gassen noch zu leben scheint und an eine Bar erinnert, ist das ‚Skryllix‘, weißt du das nicht?“
…Skryllix…
Komisch…ich war noch nie in dieser Gegend und kenne auch ganz sicher keinen von hier…aber irgendwoher, kenne ich diesen Namen.
Nur woher? Es liegt mir auf der Zunge, aber es will mir nicht einfallen.
Als ich keine Antwort gebe, zieht er wohl einfach seine eigenen Schlüsse.
Er seufzt laut und redet dann weiter. „Anscheinend nicht…weißt du, was ich mir für Sorgen gemacht habe, als ich das hier eben gesehen habe? Liest du denn keine Zeitung?!“, meckert er mich an.
Und jetzt weiß ich auch, woher ich das Wort kenne. Ich habe tatsächlich schon mal einen Artikel in der Zeitung darüber gelesen. Es war die Geschichte von den Leuten, die in den Dunklen Gassen, direkt daneben…vergewaltigt und getötet wurden…oh Mann…
„Aber…das ist doch noch weit weg, oder?“, frage ich geschockt zurück.
„Also, wenn du mit ‚weit‘, direkt um die Ecke meinst, dann ja. Es ist ‚weit‘ weg.“, meint er nur.
Ich dachte, ich sei einen anderen Weg gefahren…oh mein Gott…was wäre wohl passiert, wenn er nicht gekommen wäre…?
Was mich wiederum auf den Gedanken bringt…
„Was machst du eigentlich hier?“, frage ich irritiert.
Daraufhin kichert er kurz und schüttelt leicht den Koüf, wird aber sofort wieder ernst und antwortet dann. „Weißt du, ich hatte ein mieses Gefühl und irgendwie liege ich mit sowas immer richtig, sonst wäre ich in meinem Job weniger erfolgreich. Und du hattest Glück im Unglück, dass es eine solche Gegend ist, denn so hatte ich einen Grund, hier eine kleine Steppvisite zu machen. Ansonsten hätten die mich nicht einfach herkommen lassen…dann hätten wir vielleicht höchstens noch deine Leiche gefunden. Ich meine, diese Typen sind nicht die, die die Leute zuvor getötet haben, aber man weiß ja nie…“
„Woher weißt du denn das?“, frage ich wieder irritiert.
Heute scheint mich einfach alles zu irritieren.
„Nunja, weil er schon gefasst wurde. Das steht nur nicht in der Zeitung, damit man auch die Trittbrettfahrer stellen kann, die denken, sie seien im Schatten des ‚echten‘ Täters, irgendwie sicher, weil am Ende, alles dem einen angehängt wird und alle anderen davon kommen. Und auch, damit weniger Leute in diesen Straßen unterwegs sind, weil sie eben so gefährlich sind, da niemand einen schreien hört….“
„Stimmt…das ist eine gute Strategie. Aber woher weißt du dann davon?“, kommt es wieder von mir.
„Na, weil es meine Idee war.“, grinst er und ich bin mir sicher, dass ich ein stolzes Funkeln in seinen Augen erkennen kann.
Wie...seine Idee...?
Moment…er kam mit mehreren, glaube ich…er hat einen weggezogen…den Stärkeren…aber wer hat den anderen weggezogen?
Und wo sind sie so schnell hin verschwunden…?
Da fällt mir auch der komische, laute Knall wieder ein und der Ruf danach…wobei mir im Nachhinein auffällt, das die Typen mich nach diesem Ruf, sofort beinahe losgelassen haben.
Der vor mir ist zurückgetreten und der hintere hat meine Arme etwas lockerer gelassen…das ist mir zuvor nur nicht so bewusst gewesen…
„Ähm…sag mal, Castiel…was bist du eigentlich von Beruf…?“
„Ich bin Detective…beim FBI, um genau zu sein.“
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