Castiel Voltaire
Wohl Zeit zum Aufstehen…
Aber ehrlich gesagt, würde ich den Tag am liebsten im Bett verbringen.
Im Halbschlaf drehe ich mich herum, nicht wirklich wissend, was mich überhaupt geweckt hat. Bis es mir klar wird.
Die Sonne fällt durch das große Panoramafenster und von dort, direkt auf mein Gesicht. Ich hasse Licht, wenn ich schlafen will…und generell.
Wie kommt es eigentlich, dass in aller Herrgottsfrühe der Vorhang zur Seite gezogen wurde?
Etwas Lethargisch und unbeholfen, versuche ich mich umzudrehen und die Augen zu öffnen, ohne dass es wehtut – das ist gar nicht mal so einfach.
Als es mir dann endlich gelingt, bin ich gar nicht so überrascht, als ich den Raum leer vorfinde. Nur ich – neben mir nur die kalten Laken und das verwaiste Bettzeug.
„Nate…“, rufe ich lasch. Wo ist er nur hin verschwunden?
Wie zur Antwort auf meine Gedanken, betritt er auch schon den Raum, mit einem sehr glücklichen Lächeln auf dem Gesicht. Und so wie das Licht gerade hinter mir durch das große Fenster, direkt auf ihn scheint, sieht er aus als würde er strahlen.
„…wie ein Engel…“
„Was?“, holt mich seine Stimme wieder zurück in die Realität.
„Hä?“ Ich brauche einen Moment, ehe ich verstehe worauf er eigentlich hinaus will. „Äh, nichts…hab nur laut gedacht…sag, was machst du eigentlich? Warum bist du nicht hier?“
Er sieht mich lediglich verwirrt an und legt den Kopf ein wenig schief. „Was meinst du? Ich bin doch hier…“
„Ja. Aber nicht bei mir. Komm wieder her.“
Nun scheint er begriffen zu haben, doch er schüttelt nur lächelnd den Kopf, während er den Blick gesenkt hat, als er auf das Bett und damit auch auf mich zukommt. „Ich bin hier…“, wiederholt er und lässt sich dann neben mir nieder.
Ich weiß nicht wieso, aber die Art, wie er sich nun neben mich setzt und die Hände auf meinen Arm legt, wirken auf mich irgendwie provozierend. Und ich bin immer noch Hunde-müde.
Also lasse ich mich einfach aus der Sitzenden Position, in die ich mich vorher extra gekämpft hatte, einfach zur Seite in seinen Schoß fallen. Soll er doch sehen, wie er da wieder raus kommt.
„Hey…“, stößt er erschrocken aus, da er mein fixes Manöver wohl nicht hat kommen sehen. „Was soll das?“ Die Frage klang ehrlich ein wenig verwirrt und leicht verzweifelt. „Ich muss doch wieder aufstehen…du kannst da nicht einfach liegen bleiben…“ Jammert er.
Das ist irgendwie lustig.
Einfach aus Protest – und möglicherweise aus Schadenfreude – bleibe ich zwar nicht ‚einfach liegen‘, bewege mich jedoch nur dürftig; rutsche ein wenig auf seinem Schoß herum, bis ich eine bequeme Position finde, bei der ich zufälligerweise am Ende auf seinem halben Körper liege.
Versuch jetzt nochmal aufzustehen – will ich sehen.
Er wiederum, wirkt nervös; zappelt ein wenig unbeholfen unter mir herum.
Stumm grinse ich in den Stoff seines Hemdes, bis er erneut seine Sprache wiederfindet.
„Nun komm schon…“, fleht er schon fast – warum will er nur unbedingt aufstehen?
„Warum?“, grummle ich und hieve mich letztendlich doch von meinem neuen Kissen nach oben, um ihm in die Augen zu sehen. „Wir sollten darüber nachdenken, so zu schlafen. Das geht echt gut…“
„Geht es nicht. Nicht für mich zumindest…du kannst da unten nicht schlafen…das geht gar nicht…“, stammelt er vor sich hin, während sein Gesicht immer dunkler wird.
Immer noch leicht verschlafen, lehne ich mich zu ihm nach vorn, um unsere Lippen miteinander zu vereinen. Nur kurz, sonst verwirre ich meinen eigenen Körper. Ganz schlechte Zeit für sowas…
„Guten Morgen, Schatz.“; murmle ich an seine Lippen. Man sollte meinen, ich sei etwas erprobter darin, schnell wach zu werden, aber Fakt ist: Ich kann das auch, jedoch nur dann, wenn ich Arbeit habe. Unter normalen Umständen bin ich da eher…
„Guten Morgen…ich muss wieder hoch, sonst haben wir ein Problem.“, sagt er und lächelt mich entschuldigend an, während er mich mit beiden Händen sanft zurück schiebt. „Bleib liegen, du Morgenmuffel…ich geh in die Küche und hol uns Frühstück.“
„Frühstück?“, frage ich, plötzlich interessiert.
„Jup.“, macht er gut gelaunt und ich kann nicht anders, als es total niedlich zu finden.
Es klingt so kindlich. Ich liebe es, wenn er das tut.
Doch er spricht lediglich normal weiter. „Es ist mir bisher nicht aufgefallen…aber wir sind noch nie in diesem Schlafzimmer zusammen aufgewacht.“, sagt er und macht dann eine kleine Pause; denkt offenbar kurz nach, ehe er noch etwas anhängt. „Außer natürlich in der ersten Nacht…du weißt schon, nachdem ich…naja, jedenfalls war das das einzige Mal. Sonst waren wir immer bei mir, oder mussten früh zur Arbeit. Und bei mir war es nicht so gemütlich und wohnlich, daher…“
Über das meiste seiner Erläuterungen, kann ich nur eine Augenbraue nach oben ziehen und ihn fragend ansehen.
Zum Anderen hat er jedoch Recht – wir sind hier wirklich das erste Mal zusammen aufgewacht, abgesehen von dem Morgen nach der Horror-Nacht.
Doch ehe ich etwas erwidern kann, ist er schon aus dem Raum.
In den nächsten Minuten, höre ich nur Rumpeln und leises Scheppern, direkt bevor sich die unverkennbaren, sachten Schritte meines Freundes wieder in Richtung Schlafzimmer bewegen und die Tür, die er zuvor mit sich zugezogen hat, wieder aufgestoßen wird.
Beinahe hätte ich gelacht. Da kommt er herein, ähnlich wie ich an diesem ersten gemeinsamen Morgen hier, nur dass er so hoffnungslos überladen aussieht, mit seinen dünnen Ärmchen, die auch noch in einem weiten, langen Schlafhemd verschwinden. Es sieht einfach urkomisch aus, sodass ich mir ein Lachen verkneifen muss.
Er schafft es jedoch, das Tablett zu tragen – er sieht eben noch schwächer aus, als er ist. Vor allem in diesem Aufzug. Aber ich würde es auch nicht anders wollen – es sieht süß aus. Und so sehe ich ihn auch. Süß. Anders will ich ihn auch gar nicht sehen – man kann mich als verbohrt bezeichnen, aber so habe ich ihn in Erinnerung und er hat mich auch nie damit enttäuscht.
Naja. Letztendlich greife ich ihm dann doch ein wenig unter die Arme, damit er nicht auf den letzten Meter noch bei seinem Vorhaben scheitert, auch wenn es ungemein unterhaltsam war.
„Und jetzt?“, sage ich, nachdem ich schnell aus dem Bett gehüpft und mich hinter ihn gestellt habe, damit ich ihn stützen kann.
„Wie…jetzt?“, fragt er Unschuldig und dreht sich zu mir um, als wir gerade das Tablett auf der Matratze abstellen, wohl bedacht darauf, dass nichts umfällt.
Da er immer noch mit dem Rücken zu mir steht und er nur den Kopf umdrehen kann, lege ich meine Arme um seine Taille. „Na, was tun wir jetzt.“, stelle ich klar.
„Frühstücken?“, schlägt er vor.
„Und danach?“, frage ich mehrdeutig, während ich ihm eine verirrte Strähne aus dem Gesicht hinter sein Ohr streiche.
Er senkt erneut den Blick und lächelt verlegen. „Weiß nicht…wir werden sehen…“
Sogar ohne sein Gesicht zu sehen, weiß ich, dass er mal wieder tiefrot ist. Seine Ohren werden wirklich immer mit rot…
Also gut…dann werden wir eben sehen, was passiert. Nur dass ich es bereits weiß.
Ich umschlinge ihn ein wenig fester mit meinen Armen und drücke ihm einen Kuss in den Nacken, den ich direkt vor meinem Gesicht habe, ehe wir uns tatsächlich setzen, um zu frühstücken.
Ja, was danach passieren wird…
Und diesmal werde ich nicht zurückweichen.
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