Castiel Voltaire
Als wir endlich alles hinter uns hatten, war es
eigentlich perfekt.
Ich meine, wir sind verlobt. Wir werden heiraten.
Und wir lieben uns.
Das muss doch reichen, oder nicht?
Das muss doch reichen, oder nicht?
Doch habe ich irgendwie das Gefühl, etwas nagt noch immer
an meinem Partner und das stört mich. Denn ich würde nicht wollen, dass er sich
zu etwas zwingt, das er nicht möchte.
Auch wenn es ziemlich schlimm wäre, wenn es wirklich so
wäre, dass er es nicht wollen würde.
Wir stehen gerade zusammen in seinem Büro und er sieht
sich ein paar Akten an – eigentlich wollen wir gleich zusammen nach Hause.
Als plötzlich die Tür hinter uns aufgeht.
Ich habe kaum Schritte gehört – der Eindringling scheint
also recht leicht zu sein. Kein Mann, soviel ist sicher.
Doch ehe ich das auch nur wirklich zu Ende sehen kann,
erkenne ich auch schon die Person, die im Türrahmen steht.
Ja. Unverkennbar. Sie ist es.
„Amber?“, frage ich, mehr als ungläubig.
Witziger Weise habe ich in der Zeit, in der ich und Nathaniel zusammen sind, nicht einmal darüber nachgedacht, dass er ja auch eine Schwester hatte.
Witziger Weise habe ich in der Zeit, in der ich und Nathaniel zusammen sind, nicht einmal darüber nachgedacht, dass er ja auch eine Schwester hatte.
Sie sieht allgemein schon ein wenig anders aus als damals
– ein bisschen erwachsener. Aber sie ist dennoch einfach unverkennbar, glaube
ich.
Als sie mich scheinbar ebenfalls erkennt, sieht sie mich
erst schockiert an und sieht dann etwas betroffen zu Boden. Nanu?
So kenne ich sie ja gar nicht….aber auf der anderen
Seite: Was weiß ich denn schon über sie?
Schon damals hatte ich eigentlich nichts mit ihr zu tun
und jetzt, nach all der Zeit, kann ich wohl kaum glauben, sie irgendwie zu
verstehen.
Sie hebt letztendlich ihren Blick und als sie zu Nate
sieht, merke ich das erste Mal, wie angespannt er wirkt. Er wird wohl kaum
Angst vor seiner Schwester haben, oder?
Warum scheint er so nervös?
„Was willst du hier?“, fragt er harsch. So kenne ich ihn
nicht.
Und in diesem Fall werde ich mir wohl ein Urteil erlauben
dürfen.
Ihr Gesichtsausdruck wirkt ein wenig gequält. „Ich muss
etwas klarstellen…“, sagt sie vorsichtig, aber Nathaniel reagiert lediglich mit
einem verächtlichen Schnauben.
„Als ob ich dir noch einmal zuhören würde!“, fährt er sie
an.
Noch einmal? Hab ich was verpasst?
„Hör zu…“, beginnt sie wieder.
„Nein! Du hörst mir
jetzt mal zu!“ Wow, langsam dreht er wirklich auf. „Ich will nicht länger
irgendetwas mit dir, oder meinetwegen auch unserem Vater zu tun haben. Hast du
das jetzt verstanden?“
„Warte doch mal! Ich will nicht mit dir streiten!“,
jammert sie los.
Und das ist der Moment, in dem ein Erwachsener eingreifen
sollte. „So…“, fange ich laut an und
halte meine Hände in die Höhe. „Jetzt ist mal kurz ruhe. Ich bin der Meinung,
wir sollten sie kurz ausreden lassen und wenn sie nichts Ordentliches zu sagen
hat, kann man sie im Nachhinein immer noch rauswerfen. Alles klar?“
Amber nickt bereits energisch, Nate scheint jedoch zu
zögern – bis ich ihm eine Hand auf die Schulter lege und ihn fordernd ansehe.
Er rollt mit den Augen. „Von mir aus…“
Dann sehe ich wieder zu ihr. „Also?“
„Nun…Nathaniel, erstmal…“, fängt sie leise an und sagt
dann etwas, dass keiner von uns jemals von ihr erwartet hätte. „Es tut mir
wirklich sehr, sehr leid! Die Szene damals hier im Büro…das ist mir so
peinlich. Es tut mir leid...“
Ich kann nicht anders, als sie geschockt anzusehen –
zumal ich wirklich nicht weiß, was während meiner Abwesenheit scheinbar
vorgefallen ist.
„Achso…tut es das?“, fragt er skeptisch.
„Ja!“, beteuert sie lautstark und klingt ein wenig
verzweifelt. Dann lässt sie ihren Blick erneut sinken. „Ich war damals wirklich…wirklich
in Castiel verliebt, weißt du? Als ich dann von Vater gehört habe, was er ihm
erzählt hat, als ihm plötzlich wieder einfiel, woher er ihn kannte – was an
sich schon irgendwie ein Wunder war – da war ich einfach so…fertig. Ich habe zu
viel getrunken. Ich habe mich geändert…wirklich…aber zu viel Alkohol bringt
mein altes Ich zum Vorschein, egal wie tief ich es vergrabe…es tut mir wirklich
leid, Nathaniel.“, rattert sie herunter und sieht aus, als wäre sie den Tränen
nahe.
Wow, viel zu viele neue Eindrücke auf einmal. Was geht
denn jetzt ab?!
Sie tritt ein paar Schritte zurück, wieder auf die Tür
hinter sich zu. „Ich hoffe, du kannst mir mein Verhalten verzeihen – nicht nur
das von vor ein paar Tagen, sondern auch das von damals. Ich wollte nie, dass
du gehst…ich will das du das weißt.“, sagt sie und nickt, als würde sie sich
selbst bestätigen wollen und dreht sich dann rasch um.
Aus dem Augenwinkel sehe ich, wie Nate sich bewegt und
dann höre ich auch schon seine Stimme. „Warte!“, ruft er ihr hinterher. „…warte
noch kurz…“
Sie dreht sich um
und sieht uns beide an. „Was denn…?“
„Also…wenn du willst, dann kannst du kommen. Zur
Hochzeit, meine ich. Aber nur wenn du willst…es ist natürlich nicht so eine
klassische Hochzeit, da es keine Braut gibt, aber ansonsten soll alles normal
sein…es ist deine Entscheidung…“, sagt er und klingt ein wenig unschlüssig.
Das hätte ich nicht erwartet – aber ich sage auch nichts,
da das alles hier ein wenig seltsam ist.
Am besten tue ich weiterhin so, als wäre ich gar nicht
hier.
Ja, das wäre das Beste…
Sie lächelt ihn an, noch immer mit ein paar Tränen in den
Augenwinkeln und nickt. „Okay…danke…“,
ehe sie sich endgültig umdreht und verschwindet.
Kennt sie überhaupt das Datum?
Oder den Ort?
…aber das ist scheinbar egal.
Ich beuge mich zu meinem Schatz herunter und drücke ihm
einen Kuss auf die Stirn. „Hast du fein gemacht.“
Woraufhin er mich mit einem Todesblick ansieht, der auch
von einem dieser kleinen Kläffer stammen könnte, die einen immer anbellen und
beißen wollen.
Irgendwie nicht ernst zu nehmen eben.
Daher lächle ich ihn nur an und nehme ihn in den Arm.
Ja, das wird sicher eine tolle Hochzeit, egal wie
unkonventionell.
Und es wird ein tolles Leben, egal was andere dazu sagen.
Wir werden zusammen bleiben.
Wie sagt man so schön bei der Hochzeit?
Bis das der Tod uns
scheidet.
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