Nathaniel Paine
Ich sehe
meinen Freund fragend an.
Wow, es ist
sogar irgendwie spannend, das Wort nur zu denken. Ich bin eigentlich erwachsen…es
sollte nicht so sein.
Aber immer
wenn ich daran denke, dass wir zusammen sind, kann ich das wohlige Kribbeln in
meinem Bauch spüren – das Kribbeln das mir sagt, dass das hier richtig ist.
Alles.
Auch wenn es
mir manchmal nicht so vorkommt. Als ob das nicht sein sollte.
Ein wenig in
Gedanken, lächle ich und schüttle den Kopf…ehe mir klar wird, dass ich ja gar nicht
allein im Raum bin und ich wieder nach oben sehe.
Castiel
scheint immer noch nach Worten zu suchen und was auch immer in der Box sein
mag, die er in der Hand hält, vermag ich nicht zu sagen.
Aber da er beim FBI ist, wird es wohl kaum etwas
Illegales sein.
…denke ich zumindest.
Dann sieht er irgendwie irritiert zu Emily – oder eher EJ.
Okay? Was geht hier eigentlich vor sich?
„Ähm…“, beginnt er legt das Kästchen in eine Schublade
der Kommode neben sich.
Die Kommode, von der ich mich fernhalten soll. Sein
Arbeitsmaterial liegt darin – auch seine Ersatzwaffe und die Munition.
Der Grund, warum einige der verschließbaren Schubladen auch verschlossen sind.
Der Grund, warum einige der verschließbaren Schubladen auch verschlossen sind.
Hat der Inhalt also mit seiner Arbeit zu tun? Ich sollte
mich lieber heraushalten…
„Also?“, frage ich nach, als es mir dann doch zu lange
dauernd, aber er wirkt einfach nur verwirrt – ein wenig rastlos.
„Also…naja, ich habe mir gerade gedacht…jetzt, wo wir
alle hier sind – wir könnten doch heute Abend zusammen weggehen. Was trinken
gehen. Ein bisschen reden – außer EJ, kennen wir uns ja alle schon aus der
Schulzeit. Und eigentlich kennen wir auch EJ alle, also…was sagt ihr?“
Ich sehe ihn einen Moment an. Lysander steht weiter im
Türrahmen – scheint auch gar nicht vorzuhaben, sich an einen anderen Ort zu
begeben.
Vielleicht hat er aber auch einfach vergessen, dass er
praktisch auf dem Gang steht.
„Nun ja…also ich würde mich freuen…“, antworte ich eher
zaghaft.
EJ scheint mehr als genervt – warum auch immer. Hatte sie
vielleicht etwas anderes erwartet? Sie sieht Cas jedenfalls ziemlich erzürnt
an.
Verwirrend.
Ansonsten sehe ich nur noch, wie Lysander im Hintergrund
stumm nickt.
„Also gut, dann wäre das geklärt. Allerdings habe ich
kaum noch Benzin im Tank.“, kommt es, irgendwie erleichtert, von Cas. „Nehmen
wir deinen Wagen?“
Die Frage ist an mich gerichtet.
Nun, EJ hat zurzeit keinen Wagen, also wird sie wohl mit
der Bahn gekommen sein. Was mit Lysander ist, weiß ich nicht, aber wenn Cas ihn
gar nicht fragt, hat er wahrscheinlich keinen.
Diese Frage, hat sich mit dem letzten Satz dann jedoch
erledigt, als er noch etwas anhängt. „Lysanders Wagen können wir nicht nehmen.
Er hat vor einer Woche seine Schlüssel verlegt – seitdem fährt er mit dem Bus
zur Schule…neben seinen eigenen Schülern.“, meint er ein wenig spöttisch.
Ich kann mir das kaum vorstellen.
Doch Cas hat einmal erwähnt, das Lysander nun tatsächlich
Lehrer ist – an unserer Highschool.
Unser Lysander…ob
er wohl seine eigens aufgegebenen Hausarbeiten vergisst?
Eben jener erwidert jedoch nur „Ich war mir sicher, sie
lägen Keller…aber ich konnte sie nicht finden…“.
…was suchen seine Autoschlüssel denn im Keller? Ich
sollte lieber nicht so viel darüber nachdenken…
Mit einem Lächeln wende ich mich an die drei und gehe auf
meine Jacke zu. „Kein Problem. Mein Wagen steht ja unten in der Parkgarage…“,
sage ich, während ich meine Hand in eine der Jackentaschen wandern lasse, um
nach den Schlüsseln zu fischen.
Doch alles was ich finde, ist ein leeres Bonbonpapier.
Da geht mir plötzlich ein Licht auf. „Verdammt!“, fluche
ich leise, als ich auch in die anderen Taschen sehe – was meinen Verdacht
jedoch nur bestätigt.
„Was ist?“, höre ich praktisch alle drei gleichzeitig
fragen.
Etwas beschämt drehe ich mich zu ihnen um. „Ich habe…meine
Schlüssel im Büro vergessen.“, gestehe ich etwas bedrückt.
Ohje…
Aber daraufhin ernte ich nur ein sanftes Lachen von
meinem Freund. „Ich kann auch schnell mit dem Auto hinfahren – so weit reicht
es noch. Benzin muss ich dann auf dem Weg irgendwo holen. Ich fahre einfach
hin, hole die Schlüssel und fahre mit der Bahn zurück, wenn der Sprit nicht so
weit reicht.“ Er will bereits nach seiner eigenen Jacke greifen. „Wirklich
dumm, dass die Tankstelle in der Nähe kürzlich in die Luft geflogen ist. Sonst
könnte ich auch einfach tanken fahren…“
„Warte!“, schalte ich mich ein. „Ich geh selbst. Ich
würde die Schlüssel eher finden als du – und es wäre nicht gut, wenn du vom
Nachtwächter des Gebäudes gesehen wirst. Das käme alles ziemlich zwielichtig
rüber – findest du nicht?“
Das scheint ihn tatsächlich zum Nachdenken zu bringen. „Aber
der Mann kennt mich doch? Ich gehe nur rein, hole die Schlüssel und bin schon
wieder draußen.“
Einen Arm an deinen Oberarm legend, stelle ich mich vor
ihn und drücke ihm einen Kuss auf die Wange – wobei ich mich schon auf die
Zehenspitzen stellen muss, um das zu bewerkstelligen. „Geht schon. Du solltest
dich mit deinen Freunden unterhalten. Was würde ich allein hier wollen?“, sage
ich lächelnd, mopse ihm die Schlüssel aus einer seiner Taschen und bin an
Lysander vorbei, ehe er richtig reagieren kann.
Es kommt nicht oft vor, dass ich ihn mal überrumpeln kann
– zu schade, dass ich keine Zeit hatte, mich noch einmal richtig umzusehen.
Sein Blick wäre
bestimmt witzig mitanzusehen gewesen…
Die Fahrt zu meinem Büro hat nicht lange gedauert – es ist
nicht weit entfernt und diesem Umstand bin ich auch sehr dankbar, denn der Tank
könnte es noch so lang aushalten.
So lange, dass ich noch zurückkomme, ohne irgendwo liegen
zu bleiben.
Auf dem Weg hat dreimal mein Handy geklingelt – und das
trotz der kurzem Strecke. Ich scheine ihn wirklich irgendwie irritiert zu
haben.
Aber egal.
Kaum bin ich in meinem Arbeitsbereich angekommen, sehe
ich mich kurz um – und da liegen sie auch schon. Direkt auf der
Schreibtischplatte.
So klein und unschuldig…und doch so problematisch.
Schon habe ich die kleinen Schlingel und will eigentlich
verschwinden…doch als ich mich zur Tür drehe, bekomme ich einen kleinen Schock.
Nicht ganz so groß wie beim letzten Mal, als so etwas
passiert ist…aber definitiv nicht unerheblich.
„Was willst du denn jetzt hier?“, frage ich. Meine Stimme
könnte nicht bitterer sein.
Ich weiß nicht einmal, ob ich gerade richtig sehe.
„Was ich hier will? Ich bin hier, wegen dem was du ihm
erzählt hast.“, antwortet sie. Ihre Stimme klingt ebenfalls bitter, aber es
wird übertönt von ihrem ätzenden, eingebildeten Tonfall, den ich als
Jugendlicher einfach ausblenden wollte. „Ich habe gehört, du seist verlobt?“
Ihr kaltes Lachen hallt durch den Raum und ich weiß
nicht, was ich nun tun soll – ebenfalls lachen, oder lieber erbrechen?
Und wieso hasse ich es so, diese Worte aus ihrem Mund zu
hören?
„Und wenn schon – ginge dich das etwas an? Ich habe dich seit
Jahren nicht gesehen. Tauche nicht einfach hier auf und gehe mir auf die
Nerven.“, fahre ich sie leicht an, beruhige mich aber schnell wieder, indem ich
kurz die Augen schließe und einmal tief durchatme. „Es wäre schön, wenn du
jetzt gehst.“
„Das sehe ich nicht ein. Ich will eine Antwort von dir –
Daddy hat mir alles erzählt. Ich musste ihn eine Weile überreden, aber dann hat
er mir alles erzählt – auch dass er ihn erkannt hat. Castiel.“, faucht sie mir entgegen. „Was hast du mit ihm gemacht?
Wie hast du ihn dazu gebracht, für dich zu lügen, hä?“
Tja, meine Schwester, wie sie leibt und lebt.
Ich hasse es.
„Er hat nicht gelogen.“, sage ich knapp, wobei ich im
Geiste noch ein ‚zumindest nicht vollständig‘ anhänge.
„Tze…also ob mein Castiel schwul wäre…und dann auch noch
mit dir…“, murmelt sie vor sich hin und ich muss ehrlich sagen, dass ich ihr
Verhalten gerade nicht deuten kann.
„Du scheinst gar nicht so verwundert darüber, wie du sein
solltest…“, meine ich, beinahe nebensächlich und mustere sie etwas genauer.
Dann sieht sie plötzlich nach oben – hat sie Tränen in
den Augen? Unmöglich…
Denn dann wären sie einmal nicht gespielt.
„Tja…wenn du wüsstest. Ich war überrascht – vor Jahren.
Aber ich dachte, das gibt sich wieder. Ich habe die Blicke gesehen – meinst du
etwa, ich bin genauso blind wie du?! Castiel war mein Leben!“
„Was? Erstens hat er nie Interesse an dir gezeigt –
weshalb warst du überhaupt so vernarrt in ihn? Er war doch kein einziges Mal
nett zu dir, abgesehen vom Kindergarten! Und zweitens: Was denn für Blicke,
hä?!“
Ihr bitteres Lachen, jagt mir eine Gänsehaut über den
Rücken. „Klar…du hast es ja nie kapiert. Selbst als er mit dieser Schlampe
zusammen war, hatte er mehr Augen für dich, als für seine kleine Zicke. Und
auch danach…“, beginnt sie.
Es fällt mir erst jetzt auf…hat sie etwas getrunken?
„Amber…es war nur eine Schwärmerei. Wieso bist du bloß so wütend deswegen? Es ist Jahre her!“, gebe ich ihr zu verstehen.
„Amber…es war nur eine Schwärmerei. Wieso bist du bloß so wütend deswegen? Es ist Jahre her!“, gebe ich ihr zu verstehen.
Aber sie will es nicht hören. „Schwärmerei? Vielleicht – aber was ist dann das hier, hä?! Merkst
du nicht, wie falsch das alles ist? Merkst du nicht, dass es nicht so sein
sollte?“
„Was meinst du überhaupt?“, schreie ich sie diesmal
unverhohlen an.
Sie starrt mich an.
Und sagt nichts.
Gar nichts.
Dann sieht sie kurz zu Boden, ehe sie den Blick wieder
hebt und mich mit Augen ansieht, die mindestens so kalt sind, wie Eis. „Weißt
du was…mach was du willst…“
Und dann ist sie auch schon verschwunden…
Einfach so.
Und ich kann wirklich nicht glauben…
Wie ein Gespräch,
so viele alte Ängste wiedererwecken kann.
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